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Pharmariesen investieren neurdings in Deutschland – warum?
Deutschland fördert die Pharmabranche. In der Schweiz löst dies Diskussionen über die Rahmenbedingungen aus.
Ein Beispiel für eine Grossinvestition in Deutschland ist der US-Grosskonzern Eli Lilly. Er baut in Alzey im Südwesten Deutschlands eine Hightech-Anlage für Diabetes-Präparate. Der Kostenpunkt beträgt 2.3 Milliarden Euro. Bis zu 1000 Leute könnten dort Arbeit finden. Thomas Juch, Sprecher von Eli Lilly in der Schweiz sagt, die Standortsuche sei ein langwieriger Prozess. «Bei der Standortwahl berücksichtigen wir Faktoren wie Infrastruktur, Zugang zu Fachkräften, politische Stabilität und optimale Arzneimitteldistribution.»
Viele Investitionen in Deutschland
Den Ausschlag für das deutsche Alzey habe unter anderem das passende Grundstück gegeben. «Alzey hat uns durch seine Lage, durch die Nähe zu unseren Standorten in Frankreich und Deutschland und durch die dynamische Entwicklung der Region überzeugt.»
Auch andere Unternehmen haben kürzlich in Deutschland Millionen investiert: die Schweizer Roche, die französische Sanofi oder die amerikanische Merck. Branchenkenner gehen davon aus, dass die deutsche Pharmastrategie ein Signal setzt.
In der Schweiz profitieren die Unternehmen ebenfalls davon, sagt Claus Michelsen, Chefökonom beim deutschen Pharmaverband vfa. «Die Produktionsvolumina in der Schweiz sind erheblich. Deutschland wird aus der Schweiz in erheblichem Masse mit Pharmazeutika beliefert, mit Vorprodukten.»
Nicht nur Kunden, auch Konkurrenten
Ein erheblicher Teil des Geldes, das die Schweizer Pharmaindustrie verdient, kommt aus dem Ausland. Nach den USA ist Deutschland das zweitwichtigste Exportland. Dennoch sind deutsche Firmen nicht nur Kunden, sondern auch Konkurrenten, sagt Michelsen. «Beim gemeinsamen Talentpool gibt es eine grosse Konkurrenz. Auch die Frage der Investitionsstandorte ist von vielen Faktoren abhängig. Es sind beispielsweise auch steuerrechtliche Themen, die eine Rolle spielen.» Auch die Bürokratie und die digitalen Prozesse in der Forschung würden ins Gewicht fallen.
Es seien zentrale Fragen, die Deutschland nun anpacke, gibt René Buholzer vom Schweizer Pharmaverband Interpharma zu bedenken. Firmen würden langfristig planen. «Heute werden Entscheidungen gefällt, die wir erst später in den Daten und Statistiken sehen. Wenn wir uns die letzten Investitionen ansehen, stellen wir fest, dass einige Firmen in Deutschland investiert haben. Man kann sich schon die Frage stellen, warum sie nicht die Schweiz gewählt haben.»
Es seien vielleicht nicht alle diese Faktoren, aber einzelne Komponenten der deutschen Pharmastrategie, ist die Antwort, die Buholzer selbst gibt. Er hoffe, der Bundesrat und die Politik verstünden das als Weckruf. Bei der Digitalisierung beispielsweise hinke die Schweiz anderen Ländern hinterher, auch Zulassungsprozesse seien zu langsam, die Debatte über neue Medikamente fokussiere vorwiegend auf die Kosten.
Diskussion über Rahmenbedingungen
Für Pharmalobbyisten sind die deutsche Pharmastrategie und die neuesten Investitionen im Nachbarland ein Steilpass, um über Rahmenbedingungen zu diskutieren. Und dennoch, so Buholzer, dürfe man nicht zu klein denken. «Wenn wir starke Pharmastandorte in Europa haben, ist das für den Kontinent eine positive Entwicklung, weil wir in Konkurrenz zu Amerika und Asien stehen.» Bauten US-Firmen wie Eli Lilly in Deutschland neue Produktionsanlagen, sei das ein Signal an andere, globale Konzerne, dass dies auch in Europa möglich sei.