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Immer weniger Medaillen: Hoeneß kritisiert Sport in Deutschland – zurecht?

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Immer weniger Medaillen: Hoeneß kritisiert Sport in Deutschland – zurecht?

Seit Jahren holt Deutschland bei Olympia immer weniger Medaillen. Paris 2024 ist ein neuer Tiefpunkt. Uli Hoeneß hat bereits einen Grund ausgemacht.

Aus Paris berichtet Alexander Kohne

Wenn Uli Hoeneß im Idyll seines Domizils am Tegernsee weilt, wirkt sich das gemeinhin auf seinen Gemütszustand aus. In der malerischen Landschaft im Süden von München macht der Patron des FC Bayern immer einen entspannteren Eindruck als an der hektischen Säbener Straße. Unter der Woche schien Hoeneß aber nicht einmal die Ruhe am Tegernsee im Zaum zu halten.

Bei einer Sponsorenveranstaltung äußerte er sich ausnahmsweise nicht zu seinem Herzensklub, sondern etwas Generellem. “In vielen Ländern bietet der Sport die Möglichkeit, die soziale Leiter hochzusteigen. Bei uns ist das verloren gegangen. Diese Bereitschaft, sich den Arsch aufzureißen, fehlt mir”, erklärte Hoeneß nur wenige Kilometer von seinem Haus entfernt.

Erzürnt hatte ihn das Auftreten einiger Sportler bei den Olympischen Spielen in Paris. Hoeneß’ These: Leistung zähle im deutschen Sport zu wenig und müsse wieder mehr in den Vordergrund gestellt werden. “Wir müssen wieder mehr arbeiten, dann hat man auch mehr Erfolg”, so die Forderung des 72-Jährigen.

Aber stimmt das wirklich – ist der Leistungsgedanke im deutschen Sport derart in den Hintergrund gerückt? Und wenn ja, ist die Lösung der von Hoeneß geforderte höhere Arbeitsaufwand?

Was selbst viele Beobachter des FC Bayern nicht wissen: Die Olympischen Spiele sind für Hoeneß eine Herzensangelegenheit. Um 1972 in München dabei sein zu können, wartete er damals sogar mit der Unterschrift eines Profivertrags bei Bayern – weil bei den Spielen nur Amateure teilnehmen durften.

Damals beendeten die beiden deutschen Staaten die Veranstaltung auf den Rängen drei und vier des Medaillenspiegels. Die DDR kam auf 66 Medaillen, die Bundesrepublik auf 40. Seitdem hat sich die Sportwelt massiv verändert: Es gibt mehr Wettbewerbe mit mehr Teilnehmern aus unterschiedlicheren Nationen.

So wurden bei den Spielen 2024 in Paris Goldmedaillen im Breakdance und Skateboarden vergeben, und die 100-Meter-Olympiasiegerin kommt von der knapp 190.000 Einwohner zählenden Karibikinsel St. Lucia. Zudem schreitet die Professionalisierung voran.

Deutschland gewinnt immer weniger Medaillen

Ein Trend ist derweil unverkennbar: Die deutsche Medaillenausbeute geht immer weiter zurück – teilweise sogar drastisch. Vor der Schlussfeier am Sonntagabend im Stade de France stehen für “Team D” nur noch 33 Medaillen zu Buche. Das bedeutet im Medaillenspiegel Platz zehn. Seit dem dritten Rang bei den Spielen 1992 in Barcelona, den ersten nach der Wiedervereinigung, wird das deutsche Team nach hinten durchgereicht.

Robert Harting stinkt das gewaltig. Wie Hoeneß sieht der Diskus-Olympiasieger von 2012 dafür tieferliegende Gründe. “Leistung ist bei uns schon fast zu etwas verkommen, für das man sich schämen muss, wenn man darüber auf der Straße spricht. Wer sagt denn heute noch, dass man der Beste sein will?”, fragte der 39-Jährige provokativ im Interview mit “Sports Illustrated”.

Die Debatte darum schwelt im deutschen Sport seit Monaten – und kocht zu den Olympischen Spielen 2024 wieder hoch. Spätestens seit der Leichtathletik-WM 2023 in Ungarn, die Deutschland erstmals komplett ohne Medaille beendete, ist das Thema evident.

“Das ist eine Debatte, die unglaublich pauschal geführt wird”, kritisierte danach Sportsoziologe Professor Michael Mutz im Deutschlandfunk. Aus seiner Sicht sei der Schluss von einer Sportveranstaltung zur generellen Leistungsbereitschaft in Deutschland “ganz schön an den Haaren herbeigezogen”. “Denn kein Mensch könnte sagen, wie das genau zusammenwirken soll”, gab der Wissenschaftler zu bedenken.

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Quelle: Eurosport
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