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Hummels: Karriereende unwahrscheinlich, Zukunft liegt beim BVB oder in Europa
EM-Aus „enttäuschend“
©IMAGO
Mats Hummels hatte sich in den vergangenen Wochen in herausragender Form präsentiert und großen Anteil am Einzug des BVB ins Champions-League-Finale – dennoch blieb eine Nominierung vom Bundestrainer für die Heim-EM aus. In einem Interview mit der „Sport Bild“ sprach der 35 Jahre alte Routinier nun ausführlich über seinen gepatzten Traum und das Gespräch mit Julian Nagelsmann. Des Weiteren gab der Profi Einblick in seine Zukunftsplanungen und bilanzierte die Saison der Westfalen.
Das Gespräch mit Nagelsmann über seine Nichtberücksichtigung für die Heim-EM sei für den BVB-Abwehrspieler „kurz und enttäuschend“ gewesen. „Nicht einmal zwei Minuten. Ich musste gerade los zum Training. Ich brauche in solchen Momenten aber auch kein langes Gespräch und keine große Erklärung. Das hat mir gereicht“, sagte der Weltmeister von 2014. Wie er Nagelsmann verstanden habe, ging es bei der Entscheidung weniger um das Akzeptieren einer Joker-Rolle, sondern „um altersbedingte Dinge wie Fitness“.
Der Dortmunder Abwehrspieler zeigte aber auch Verständnis für die Kader-Entscheidung des Bundestrainers: „Ich kann die Gedanken nachvollziehen, dass da eine Gruppe seit März wachsen sollte. Für mich als Einzelperson ist das bitter, weil ich aktuell zu den fünf besten Verteidigern in Deutschland gehöre, dieses Selbstvertrauen habe ich. Wenn ich die Phase wie zuletzt vor der Nominierung im März gehabt hätte, wäre ich vielleicht da dabei gewesen – und jetzt auch Teil des EM-Kaders.“ Auf die Frage, inwiefern er sich auch mit einem Status als Ersatzspieler hätte anfreunden können, sagte der BVB-Profi: „Ich habe Julian Nagelsmann gesagt: ‚Ich setze mich auf die Bank, und ich kann auch fünfter Innenverteidiger sein.‘ Das hätte ich gemacht. Er wusste Bescheid über meine Einstellung.“
„Es geht ja grundsätzlich nie darum, die besten 26 Spieler zu nominieren. Es geht bei einem Turnier auch immer darum, dass Spieler, die keine Minute spielen, extrem glücklich darüber sind, überhaupt dabei zu sein. Als Trainer würde ich es ähnlich machen“, so Hummels weiter, der auf die Frage, wie seine BVB-Mitspieler auf die Nicht-Nominierung reagierten, erklärte: „Ich formuliere es diplomatisch. Die meisten sagten: ‚Man hätte dich auch ruhig mitnehmen dürfen.‘“ Darauf angesprochen, welcher Innenverteidiger in Deutschland aktuell besser sei, als er selbst, führte Hummels fort: „Das kommt auch auf das Spiel an. Wenn man 15 Meter vor dem eigenen Strafraum verteidigt und die Bälle klären muss, dann weiß ich schon, dass es weltweit nicht viele gibt, vor denen ich mich verstecken muss. Wenn es darum geht, reine Laufduelle anzunehmen, dann gibt es einige Bessere in Deutschland.“
Hummels über Zukunft: Karriereende unwahrscheinlich, USA ausgeschlossen
Hummels’ Vertrag beim BVB läuft im Sommer aus, eine Entscheidung über seine Zukunft wolle er im Anschluss an das anstehende Champions-League-Finale gegen Real Madrid treffen: „Ich will danach alles sacken lassen. Ich bin selbst gespannt, was das Spiel in mir auslöst. Danach wird es eine Entscheidung geben – irgendwann im Juni. Eines Tages werde ich fühlen, was ich will. Dann werde ich einmal laut aussprechen, was ich machen möchte und schauen, wie es sich anfühlt. Vom Gefühl her ist ein Rücktritt gerade das unwahrscheinlichste Szenario.“ Ein Wechsel zu einem anderen Verein sei nicht ausgeschlossen: „Es kann auch woanders weitergehen, ja. Es gibt drei Optionen: BVB, Rücktritt – oder ein anderer Verein. Ein Ende ist derzeit die unwahrscheinlichste Variante. Was ich ausschließe: Einen Wechsel ins ferne Ausland, in die USA oder Ähnliches. Wenn ich den BVB verlasse, gehe ich ins nahe europäische Ausland.“
Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl hatte am Dienstag angesprochen auf Hummels’ Zukunft gesagt: „Bei Mats habe ich auch ganz klar das Gefühl, dass es nur um das eine Spiel geht. Alles andere werden wir danach entscheiden.“ Der Fokus liege in diesen Tagen klar auf Real Madrid, alles andere „können wir alles nicht gebrauchen. Ich würde mir wünschen, dass wir uns auf dieses Spiel konzentrieren.“
Hummels über BVB-Saison: „Konnte so nicht weitergehen“
Hummels blickte im Magazin auch auf die holprige BVB-Saison zurück. „Ich war stocksauer, weil ich der Meinung war: So darf Borussia Dortmund nicht auftreten – gegen keinen Gegner dieser Welt“, attestierte er angesprochen auf die Niederlagen gegen den VfB Stuttgart (0:2 im Pokal, 1:2 in der Liga; d. Red.) Ende vergangenen Jahres und ergänzte: „Ich fand, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich habe mich in meiner Ehre gekränkt gefühlt, so in diesem Trikot auf dem Platz zu stehen. So unterwürfig, so fußballerisch unterlegen. Die beiden Stuttgart-Spiele, und auch das Auswärtsspiel in Leverkusen (1:1; d. Red.), war Barrikadieren mit elf Mann am Sechzehner.“
Der Routinier habe sich im Saisonverlauf auch mehrfach mit Trainer Edin Terzic über die oftmals öffentlich kritisierte taktische Ausrichtung ausgetauscht: „Ich habe sehr viele Anregungen gegeben. (…) Wirklich allen Beteiligten gegenüber. Einfach um zu versuchen, wieder besseren Fußball zu spielen. (…) Ich bin ins Trainerbüro gegangen, und man redet. Mit der klaren Meinung, dass wir uns im Spiel nach vorne ganz klar verbessern müssen.“
Im neuen Jahr sei dann eine Besserung erkennbar gewesen. „Das liegt auch an den Co-Trainern Nuri Sahin und Sven Bender, die dann kamen. Wir treten mit einem anderen Selbstverständnis auf, aber wir spielen nicht auf dem Level von Leverkusen oder auch Stuttgart. Das ist aber mein Anspruch an Borussia Dortmund. Ich möchte sehen, dass eine Mannschaft nach Dortmund kommt und Angst hat, weil sie weiß, dass sie richtig leiden muss, um eine Chance zu haben. Und sie nicht meinen, dass sie ohne Probleme 60 Prozent Ballbesitz haben können. Borussia Dortmund muss in der Lage sein, jeden Gegner in der Bundesliga auch mal für 45 Minuten komplett dominieren zu können und nicht gegen gute Gegner nur noch durch Konter zum Erfolg zu kommen“, so Hummels.
Mit Blick auf mögliche Dortmunder Kader-Verstärkungen im Sommer attestierte Hummels abschließend: „Man kann jedem Fußballer in jedem Alter noch etwas beibringen, darum geht es. Wir haben gute Fußballer mit guten Anlagen. Aus unserem Kader kann man noch einiges herausholen.“