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Große Sorge um ökonomische Lage in Deutschland

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Große Sorge um ökonomische Lage in Deutschland

Österreich könnte die Schwäche Deutschlands zu spüren bekommen. “Wir merken das schon”, so WKÖ-Vertreter Schwerz. Er kritisiert zudem die Russlandsanktionen: “Hätte man besser überlegen müssen.”

Michael Scherz, Österreichs Wirtschaftsdelegierter der WKÖ in Deutschland, hofft im Handel mit dem wichtigsten Wirtschaftspartner der Alpenrepublik auf eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte. Denn die derzeitige Entwicklung der deutschen Ökonomie werde für Österreich zunehmend zur Herausforderung. Scherz ortet gleich mehrere “Alarmzeichen”, die Österreich zu spüren bekommen könnte.

“Wir merken das schon”, resümiert Scherz im Gespräch mit der APA die Entwicklung in Deutschland. “Wenn man sich die langfristige Entwicklung ansieht, sind der Produktionssektor bei energieintensiven Erzeugnissen sowie auch die Auslandsinvestitionen seit 2017 rückläufig. Das sind Alarmzeichen, die langfristig nicht für den Standort sprechen und die auch für uns zunehmend zur Herausforderung werden.”

Viele Unternehmer investierten nicht mehr im eigenen Land bzw. verlegten Produktion ins Ausland, so der Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). “Auch der Trend, jedes Problem mit Geld ausgleichen zu wollen, bringt der deutschen Wirtschaft nicht die notwendigen Befreiungsschritte, und die Nachbarn und Haupthandelspartner Deutschlands geraten durch eine solche Politik auch immer mehr unter Druck.”

Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner

Deutschland sei in jeder Beziehung mit Abstand Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner. Das gelte nach wie vor und weiterhin. “Aber wenn sich hier die Wirtschaftsleistung nicht mehr so dynamisch entwickelt wie früher, werden wir das zu spüren bekommen.”

Die Gründe seien zum Teil hausgemacht. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder habe vor zwanzig Jahren mit “Hartz vier” noch “große Reformen” durchgesetzt, die ihn letztlich den Job gekostet hatten. “Aber ich sehe hier heute niemanden, der bereit wäre, so grundlegende Strukturreformen anzugehen.” Daher werde der Berg an Problemen immer größer: Teils chaotische Energiepolitik, ausufernde Bürokratie aus Berlin und Brüssel, Arbeitskräftemangel, Defizite bei der Digitalisierung, hoher Investitionsbedarf bei Infrastruktur und Ähnliches. 600 Milliarden Euro sollen für die Infrastruktur in den nächsten zehn Jahren nötig sein. “Irgendwann wird sich Deutschland zu echten Reformen durchringen müssen.”

Hausgemacht seien die Probleme auch, weil die derzeitige deutsche Regierung – sie besteht aus SPD, Grünen und FDP – Geld vor allem für den ideologiegetriebenen Umbau auf nachhaltige Energien und für Soziales ausgeben wolle. Die FDP sei zu schwach, um dagegenzuhalten. Dauerstreitpunkt ist auch die Aufweichung der Schuldenbremse.

EU als weiterer Faktor

Ein weiterer Faktor sei die EU. Aus Brüssel komme eine Berichtspflicht nach der anderen, was die Unternehmen belaste.

Schließlich seien die internationalen Konflikte auch schuld. Dazu kommen Lieferkettenprobleme, Energieprobleme und andere Faktoren. “Das alles hat geballt dazu geführt, dass es hier nicht rund läuft.”

Zusätzlich wurden auch die Russland-Sanktionen großen Schaden anrichten, glaubt der Wirtschaftskämmerer. Der große wirtschaftliche Profiteur davon seien die USA. “Das hätte man sich vielleicht besser überlegen müssen”, moniert Scherz.

Investitionen nach China verlagert

Große Mittelständler würden ihre Investitionen verlagern, etwa nach China, was wiederum die Abhängigkeit erhöhe, auch nach Polen “und absurderweise auch in die Schweiz”. Die höheren europäischen Zölle auf chinesische Elektroautos würden die Chinesen nicht auf sich sitzen lassen und gegen die Verbrenner vorgehen, was vor allem die Deutschen treffen werde. “Ein Teufelskreis. Man müsste sich hier durchringen, den Standort attraktiver zu machen.”

Investieren solle man, weil die Bedingungen gut seien, “aber nicht, weil die Bundesregierung Milliarden hinterherwirft, damit man hier investiert. Das ist ja keine Auszeichnung, einem Investor zig Milliarden zahlen zu müssen, damit er hier bleibt.” Das sei nicht nachhaltig. Die Frage sei, ob das Geld nicht besser eingesetzt wäre, indem man Steuererleichterungen gewährt und die Bürokratie abbaut. Viele absurde Vorschriften kosteten Geld und brächten nichts.

Eine weitere Belastung für die Wirtschaft bringt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Es werde nicht zur besseren Menschenrechtslage in Afrika führen, sondern europäische Firmen aus dem Geschäft ausschließen. “Die Idee hinter vielen Gesetzen ist sehr gut”, räumt Scherz ein. Hinter den vielen Berichtspflichten steckten gute Absichten. “Es sind ja alle dafür, dass Menschenrechte und Umweltschutz eingehalten werden. Aber dass alles nur zu Lasten der Wirtschaft geht, das kann nicht klappen.” Da werde die neue EU-Kommission etwas ändern müssen.

Grundsätzlich gutes Angebot 

Österreich habe für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich ein gutes Angebot, meint Scherz. Da Berlin viel Geld in Schienen- und Straßenbau stecke und auch den Wohnbau vorantreibe, könnten Austro-Betriebe profitieren. Scherz erwartet, “dass es spätestens nächstes oder übernächstes Jahr wieder anziehen wird. Langfristig sind das ganz gute Aussichten.”

Österreichs Dienstleistungsexporte seien “super gelaufen”. Dazu gehörten Bank- und Finanzdienstleistungen, Agenturleistungen, Versicherungsdienstleistungen – “da sind wir erstaunlich stark”, Transporte, aber auch Tourismus.

Im abgelaufenen Jahr haben sich die Warenexporte Österreichs noch ganz gut gehalten; die Importe aus Deutschland verringerten sich um 6 Prozent. “Das vorige Jahr war mit 59 Milliarden Euro Export nach Deutschland noch relativ okay gegenüber 58 Milliarden Import. Aber wir tragen das Defizit immer noch mit.”

Großes Thema weiter Transformation

Deutschlands großes Thema bleibe die Transformation. Man frage sich, warum das Thema nicht etwas pragmatischer angegangen werde “und weniger ideologie- und verbotsgetrieben”, wie das jetzt der Fall sei. “Unser größter Wunsch wäre, dass Deutschland einen pragmatischeren Zugang findet, nämlich Entbürokratisierung und Steuersenkung. Dann stünde der Standort wieder ganz gut da”, wünscht sich der WKÖ-Mann aus dem kleinen Nachbarland im Süden.

Die mangelnde Digitalisierung im öffentlichen Bereich Deutschlands sei ebenfalls ein großes Problem. Österreich, das bei Digitalisierung wesentlich weiter sei als Deutschland, biete hier Lösungen an. “Wir versuchen, die deutschen Schwächen mit österreichischen Stärken zu kompensieren.”

Obwohl es viele negative Punkte in Deutschland gebe, habe das Land doch so viel wirtschaftliche Kraft, sodass es die Erholung wieder schaffen werde, hofft Scherz. “Aber es muss wieder mehr Markt zum Tragen kommen und weniger Staat. Wenn wir auf diesem Weg bleiben, wird letztlich ganz Europa absacken.” Spätestens die nächste deutsche Regierung werde dringend etwas für den Standort machen müssen.

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