Fashion
Frankreich plant Regeln für „schmutzigste Industrie der Welt“
Frankreich geht gegen Shein, Temu und Co vor. Ein neues Gesetz soll die Fast Fashion-Anbieter zur Einhaltung von Umweltstandards zwingen.
Paris – Frankreich will „Fast Fashion“-Anbieter stärker regulieren. Über ein Werbeverbot und Preisaufschläge will das Land gegen das Geschäftsmodell von Shein, Temu und weiteren Billiganbietern vorgehen, die in der Kritik stehen, massenweise Produkte mit schlechter Qualität und ohne Rücksicht auf die Umwelt zu vertreiben.
Das Gesetz sieht eine Umweltabgabe von bis zu zehn Euro pro Artikel für Waren vor, die eine Reihe von festgelegten Kriterien nicht erfüllen. Das sind etwa die Recyclingfähigkeit oder der Wasserverbrauch der Herstellung. Zudem plant Frankreich ein Werbeverbot für Unternehmen, die zu übermäßigem Konsum verführen.
Werbeverbot und Aufpreis gegen Shein und Co: Frankreich geht gegen „schmutzigste Industrie“ vor
Der Gesetzentwurf sieht bisher eine lockere Definition von „Fast Fashion“ vor. Dazu zählen Marken, die eine hohe Anzahl von Artikeln innerhalb kurzer Zeit auf den Markt bringen. „Würden wir im Gesetz die Kriterien konkret festschreiben, würden unsere Behörden schnell ausgetrickst, und der Kampf liefe ins Leere“, begründete die Abgeordnete Anne-Cécile Violland im Spiegel die lose Definition.
Violland ist Initiatorin des Gesetzentwurfs, der vergangene Woche in der Nationalversammlung debattiert wurde. Das Parlament hat bereits zugestimmt, nun ist der Senat an der Reihe. Auch Umweltminister Christophe Béchu unterstützt die Initiative. Die Politikerin der Partei Horizons, Teil des Macron-Bündnisses, geht Anbieter wie Shein und Temu scharf an: „Fast Fashion ist die schmutzigste Industrie der Welt.“
Die Politikerin verweist auf den relativ hohen CO2-Ausstoß der Bekleidungsbranche, die weltweit zehn Prozent ausmacht. „Entwickelt sich die Industrie ungebremst weiter, wird der Anteil 2050 sogar 26 Prozent betragen“, sagte Violland dem Spiegel und bezog sich dabei auf Daten der französischen Umweltbehörde Ademe. „Nicht zu vergessen die massive Verschmutzung der Gewässer und Böden in den asiatischen Ländern, in denen diese Wegwerfmode hergestellt wird.“ Auch die Ökobilanz sei katastrophal. Violland kritisierte zudem die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern.
Aufpreis und Werbeverbot: Was plant Frankreichs Gesetz gegen „Fast Fashion“ konkret vorsieht
Frankreich will dem Geschäftsmodell nun einen Riegel vorschieben. Das beste Mittel ist nach Ansicht der Abgeordneten der Preis. „Der Preis ist alles, die Marken müssen so billig wie möglich sein“, sagte Violland. „Das erlauben wir ihnen nicht mehr.“ Das Geld ist jedoch nicht als Steuer gedacht, sondern soll in das Recycling von Mode sowie in nachhaltige Labels fließen.
Ziel des Gesetzes ist jedoch auch, das Bewusstsein für die Umweltfolgen der „Fast Fashion“ zu schaffen. „Frankreich zwingt die Anbieter, in allen französischen Onlineauftritten mit Bannern auf die ökologischen Folgen ihres Geschäfts aufmerksam zu machen“, sagte Violland. Zudem sieht das Gesetz ein Werbeverbot vor. Ein Verstoß ist mit hohen Strafen verbunden. „Unternehmen müssen mit Strafen rechnen, die so hoch sind wie ihr Werbeetat. Eine Kampagne, für die eine Million Euro ausgegeben wird, kostet demnach doppelt so viel“, erklärte die Politikerin im Spiegel.
Auch Influencer, die für Billigmode werben, will Frankreich dann zur Kasse bitten. Dabei ist eine Strafe bis zu 15.000 Euro möglich. In Europa habe Shein vor allem durch Influencer-Marketing Fuß gefasst, erklärte die Wirtschaftswoche.
Protektionismus betreibt Frankreich mit dem Vorstoß laut Violland nicht. Die Umweltkriterien gelten auch für europäische Marken. Die Strafe greife damit auch bei einem teuren Kleid, wenn es in der Ökobewertung schlecht abschneide. „Ich will, dass Shein tugendhaft wird“, sagte die Politikerin. „Wenn Shein morgen ökologisch nachhaltige Kleidung anbietet, ist das Problem erledigt.”
„Wegwerfmode“ als „globales Phänomen“: Französische Abgeordnete fordert „Fast Fashion“-Gesetz in Deutschland und der EU
„Wir können uns diesen Überkonsum nicht mehr leisten. Unser Planet erträgt ihn nicht“, erklärte die Politikerin. Sie hofft deshalb, dass weitere Länder wie Deutschland nachziehen. „Wegwerfmode ist ein Phänomen der Globalisierung, und Europa ist in dieser Welt ein mächtiger Wirtschaftsblock.“ Das „zerstörerische Geschäft“ müsse auf EU-Ebene bekämpft werden, fordert Violland.
Eine Initiative der EU ist jedoch nicht geplant – ebenso in Deutschland. Das berichtet die Wirtschaftswoche unter Verweis auf das deutsche Umweltministerium. Die EU-Ökodesignverordnung greife jedoch auch für Mode. Demnach müssen Produkte recycelt und repariert werden können. Ab 2028 darf zudem unbenutzte und unverkaufte Ware nicht mehr vernichtet werden.
Shein kritisiert französischen Gesetzentwurf zu „Fast Fashion“
Das Unternehmen Shein kritisierte das Vorhaben. Der Gesetzentwurf „schadet vor allem denjenigen, die auf den Preis achten müssen“, betonte das Unternehmen. Das Unternehmen verweist zudem darauf, dass es die Produktion nur an der Nachfrage orientiere. (ms mit afp)