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Elon Musk – der Retter vor der Bürokratie? Diesen Irrtum begehen viele

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Elon Musk – der Retter vor der Bürokratie? Diesen Irrtum begehen viele

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leserin,

in letzter Zeit starte ich häufig staunend in den Tag. Das liegt an Elon Musk und der wachsenden Begeisterung, die er in Deutschland gerade auslöst. Denn seit dem Tech-Milliardär ein neuer Nebenjob als oberster Bürokratie-Bekämpfer versprochen wurde, mehren sich die Stimmen in Medien und Wirtschaft, die schwärmen: So einen wie Elon Musk, den bräuchten wir auch hier.

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Und ich rede jetzt nicht von Dieter Bohlen, der in Musk offenbar eine Art Alter Ego sieht und sich deshalb via “Bild” Friedrich Merz als Berater andiente: “Für Merz würde ich gerne sein, was Musk für Trump ist”, sagte der mit Trash-Musik reich gewordene Produzent. Friedrich Merz rief ihn laut “Bild” nun gestern an. Ob er ihm einen Beraterjob angeboten hat oder sich nur Wahlkampfunterstützung davon erhofft, wurde nicht bekannt.

Nein, ich rede von der Begeisterung von Journalisten und Wirtschaftsvertretern für einen Mann, der angekündigt hat, mit der Planierraupe durch den Bürokratiedschungel rollen zu wollen. Ab nächstem Jahr soll Musk nämlich zusammen mit dem Pharmaunternehmer Vivek Ramaswamy eine Behörde für Regierungseffizienz leiten, “Department of Government Efficiency”, kurz DOGE genannt. Mit ihr wollen sie Vorschläge erarbeiten, wie der Regierungsapparat bis 2026 drastisch verkleinert und effizienter werden kann.

Großspurig kündigten die beiden unlängst im “Wall Street Journal” an: Hunderttausende Vorschriften und Zehntausende Beamtenstellen sollen gestrichen, Milliarden Dollar so eingespart werden. Klingt für manche super. Ist aber Populismus pur. Ebenso wie die Forderung nach einem deutschen Retter vor der Bürokratie. Deutschland braucht zwar dringend weniger Vorschriften und Auflagen. Nur, bitte nicht so.

Viele führen nun also an, ein Erfolgsmensch aus der Wirtschaft, jemand mit einem Blick von außen sei notwendig, um das Dickicht unnötiger, zeitfressender Regeln zu durchschlagen. Jemand, der risikobereit und radikal vorgeht, ohne Rücksicht auf Verluste. Stimmt, so jemand ist Musk. Die Liste seiner Rücksichtslosigkeiten ist lang. Als er den Kurznachrichtendienst Twitter übernahm, schmiss er nicht nur 80 Prozent der Belegschaft raus, er zahlte auch einfach keine Miete mehr für viele Standorte seines Unternehmens. In San Francisco etwa begründete er das damit, dass die Stadt so heruntergekommen sei – dafür könne man keine Miete verlangen. Am Ende kam er damit zwar nicht durch, Geld sparte er aber trotzdem erst einmal.

Finanziell gesehen war das 44 Milliarden Dollar schwere Investment in Twitter bislang auch wegen Musks Rücksichtslosigkeit kein gutes Geschäft. Der Umsatz ist seit der Übernahme innerhalb eines Jahres von 4,4 auf 3,4 Milliarden Dollar eingebrochen. Gelohnt hat es sich für Musk dennoch, denn mit der in X umgetauften Plattform hat er nun eine immens große Medienmacht, die er schon im Wahlkampf für Trump geschickt einzusetzen wusste. Es war nur ein Vorgeschmack auf das, was er in den kommenden Jahren damit wohl noch vorhat. Rücksichtslos geht Musk aber auch mit seinen Unternehmen Tesla und SpaceX vor. Sie missachten regelmäßig Umweltauflagen, kontaminieren mit Chemikalien Wasser und Luft und setzen Beamte unter Druck, dies nicht zu ahnden, wie das “Wall Street Journal” soeben recherchierte. Nicht umsonst ist die Furcht nun groß, dass Musks Empfehlungen für diese Umweltbehörde besonders hart ausfallen werden – schon aus eigenem Interesse.

Ist es etwa diese Art von skrupellosem und das Recht missachtendem Vorgehen, das sich seine Bewunderer auch für Deutschland wünschen? Ich hoffe nicht. Zumal Großsprech keine Lösung ist: Das US-Magazin “Forbes” hat soeben untersucht, welche Folgen Musks vollmundige Ankündigungen hätten und warum sie allein deshalb unrealistisch sind. Nur ein Beispiel: Massenentlassungen in dem von Musk angekündigten Maße würden den Staat bei Steuererklärungen, beim Grenzschutz oder in der Lebensmittelsicherheit handlungsunfähig machen. Das kann niemand wollen, auch kein Elon Musk oder Donald Trump.

Nein, einen Berserker beim Bürokratieabbau, der zudem auf den eigenen Vorteil bedacht ist, braucht Deutschland nicht. Aber ein Umdenken beim Umgang mit Gesetzen und Vorschriften sehr wohl. 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung entgeht Deutschland jährlich durch überbordende Bürokratie, wie das Ifo-Institut kürzlich berechnete.

Es fängt schon beim Namen an. Denn in Deutschland gibt es ein zumindest in den Zielen vergleichbares Gremium wie Musks DOGE: den Normenkontrollrat, kurz NRK. Das klingt nicht so sexy wie DOGE. Es führt aber nicht nur deshalb ein zu wenig beachtetes Dasein.

In diesem ehrenamtlichen Expertengremium sitzen Wirtschaftsvertreter, Unternehmer, aber auch Wissenschaftler. Sie prüfen Gesetze und Verordnungen auf Bürokratiekosten und Verwaltungsaufwand und machen Vorschläge, wie sich diese vereinfachen oder noch besser ganz vermeiden lassen. Seit 2005 gibt es dieses Gremium, die Große Koalition hatte es damals eingeführt. Doch ich vermute, die wenigsten von Ihnen haben schon einmal davon gehört.

Dabei macht es jedes Jahr viele gute, sehr konkrete Vorschläge. Zum Beispiel: Dass der Umtausch von Führerscheinen durch die örtliche Fahrerlaubnisbehörde auch dann möglich sein sollte, wenn der vorgelegte alte Führerschein von einer anderen Behörde ausgestellt wurde. Bislang musste diese dann eine Karteikartenabschrift anfertigen. Oder dass für Umweltverträglichkeitsprüfungen Bagatellschwellen eingeführt werden sollten.

Doch das Gremium leidet an seiner Machtlosigkeit. Es kann nur unverbindlich fordern – und die Ministerien und Behörden halten sich zu wenig an seine Empfehlungen. Dabei gibt es auch längst sinnvolle Instrumente: etwa Digitalchecks, mit denen geprüft wird, ob neue Gesetze in der Praxis auch digital umsetzbar sind; Nachweise also nicht mehr persönlich und auf Papier eingereicht werden müssen. Oder Praxischecks, die Gesetze daraufhin abklopfen, ob sie auch mit weniger Aufwand umgesetzt werden könnten. Nur sind diese Checks nicht verpflichtend und greifen bislang erst, nachdem Gesetze in Kraft getreten sind. Sie müssten standardmäßig vorher durchgeführt werden – bei allen Gesetzen und Verordnungen.

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