Bussiness
BYD, Ali Express und Vivo: Warum werben so viele chinesische Unternehmen bei der Europameisterschaft?
Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland gibt es so viele Werbepartner aus China wie noch nie.
Laut einem Experten versuchen die Unternehmen aus Fernost, mithilfe der Uefa Euro 2024 ihre „Marken zu europäisieren“.
Business Insider gibt einen Überblick über die chinesischen Marken, die das Turnier für sich nutzen wollen – von Ali Express bis Vivo.
China spielt bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland eine überraschende Rolle: Die Fernsehzuschauer im Gastgeberland sehen in den Stadien abwechselnd Werbung für die Elektroautos von BYD oder den Online-Händler Ali Express. Aufstrebende Marken aus Fernost nutzen die globale Aufmerksamkeit für das europäische Sportevent wie noch nie, um neue Märkte zu erobern.
Zwar zählen mit Adidas, Lidl und Engelbert Strauss auch drei deutsche Unternehmen zu weltweiten Sponsoren der Uefa Euro 2024. Doch gleich fünf der 13 wichtigsten Werbepartner stammen aus China, umgerechnet rund 40 Prozent. Neben Ali Express und BYD gehören auch Alipay, Hisense und Vivo zu den Top-Sponsoren.
„Ich sehe das sehr ambivalent. Auf der einen Seite ist klar, dass die Chinesen hier Sportswashing betreiben, um sich Märkte zu sichern und ihr Image zu fördern“, sagt Klaus Brüggemann, Dozent für Sportökonomie an der privaten Hochschule DHfPG. „Andererseits darf man nicht vergessen, dass der europäische Fußball in China seit Jahren hohe Erlöse mit TV-Rechten erzielt. Wir haben es also mit einem Austausch von Märkten zu tun.“
Brüggemann verweist auch auf einen technischen Fortschritt, der bei dieser EM erstmals einem großen Publikum so richtig ins Auge fällt: die virtuelle Bandenwerbung. Die Werbeflächen am Spielfeldrand können im Fernsehen digital überblendet werden. Laut „Sportschau“ wird in Deutschland, China und den USA unterschiedliche Werbung ausgespielt. „Wir haben also nicht nur die Platzierung der chinesischen Logos in unseren Wohnzimmern, sondern es geht auch um den Markt in China“, sagt Brüggemann.
Experte: „West-Washing“ für Marken aus Fernost
Christoph Breuer, Professor für Sportökonomie an der Deutschen Sporthochschule in Köln, erklärt das Sponsoring aus Fernost mit der „speziellen Ökonomik internationaler Sportverbände“. „Es geht darum, durch das Sponsoring die Einnahmen zu maximieren und möglichst viel Geld an die Mitgliedsverbände ausschütten zu können, um die Wiederwahl des Präsidiums wahrscheinlicher werden zu lassen“, sagt der Experte. „Für die chinesischen Unternehmen ist es attraktiv, weil sie sich dem Weltmarkt weiter öffnen wollen. Das ist eine Art West-Washing, um die eigenen Marken zu europäisieren.“
Noch vor wenigen Jahren wäre die jetzige Werbepräsenz der Chinesen unvorstellbar gewesen. Der Elektronik-Riese Hisense war 2016 vor der EM in Frankreich das allererste chinesische Unternehmen, das der europäische Fußballverband Uefa als Großsponsor für den kontinentalen Wettbewerb gewann.
Hisense zählt zu den weltweit größten Herstellern von Fernsehern. Laut dem Marktforschungsinstitut Omdia lag der Elektronikkonzern beim Liefervolumen im ersten Quartal 2024 auf dem zweiten Platz hinter dem ewigen Marktführer Samsung.
Die Verkaufszahlen von TV-Geräten schnellen vor großen Sportereignissen traditionell in die Höhe. So verhalfen vor mehr als einem halben Jahrhundert die Olympischen Spiele 1972 in München dem Farbfernsehen in Westdeutschland zum Durchbruch.
Aufmerksam registrieren dürfte das Publikum hierzulande die Präsenz von BYD. Das Unternehmen aus Shenzhen löste Ende vergangenen Jahres kurzzeitig Tesla als größter Produzent von Elektroautos ab. Der Autobauer präsentiert seine Fahrzeuge etwa in der Fanzone in Berlin. BYD fordert damit auf deren Heimatmarkt auch deutsche Autokonzerne wie Volkswagen heraus – den Hauptsponsor des Deutschen Fußballbundes (DFB).
Erst im vergangenen Februar legte in Bremerhaven ein eigener Frachter von BYD an. Die „Explorer No. 1“ hatte zwar nur 3000 Fahrzeuge an Bord, doch die Bilder der Ankunft hatten Symbolkraft. Brisant: Kurz vor der EM drohte die Europäische Kommission mit Strafzöllen von bis zu 38,1 Prozent auf Elektroautos aus China, von denen auch BYD betroffen sein könnte.
Großes vor haben auch zwei andere Sponsoren: Ali Express, das chinesische Pendant zu Amazon, und die Bezahl-App Alipay zählen zum Firmenimperium der Alibaba Group. Während der EM will Ali Express nicht nur mit Rabatten seine internationalen Marktanteile ausbauen. Die Online-Plattform verpflichtete mit David Beckham auch eigens einen Markenbotschafter für die Zeit des Turniers.
Laut „Handelsblatt“ soll sich Alipay einen Achtjahresvertrag mit der Uefa nicht weniger als 200 Millionen Euro kosten lassen. Als die Partnerschaft im November 2018 verkündet wurde, posierte Uefa-Präsident Aleksander Čeferin für ein Foto mit Jack Ma, dem Gründer von Alibaba. In ihren Händen hielten sie den silbernen EM-Pokal.
Alibaba hat schon länger eine Verbindung zum europäischen Fußball: Bis zum vergangenen Frühjahr gehörte der italienische Meister Inter Mailand dem chinesischen Milliardär Zhang Jindong, an dessen Firma Sunning der Tech-Konzern beteiligt ist. In italienischen Medien wurde Jack Ma wiederholt als möglicher Eigentümer des Traditionsclubs gehandelt, auch im vergangenen Mai, bevor der US-Investor Oaktree einstieg.
Zum zweiten Mal als weltweiter Sponsor der EM dabei, aber im Gastgeberland weniger bekannt ist der Smartphone-Hersteller Vivo. Die Marke gehört wie Oppo und OnePlus zum Technologiekonzern BBK Electronics.
Auf der deutschsprachigen Homepage von Vivo steht noch immer: „Zurzeit sind vivo Produkte in Deutschland leider nicht in Deutschland erhältlich.“ Tatsächlich zog sich die Marke wegen eines Patentstreits mit Nokia zwischenzeitlich vom deutschen Markt zurück. Mittlerweile ist der Konflikt jedoch beigelegt, die Telefone des Herstellers sind hierzulande wieder im Handel.
Vivo ist im internationalen Sportsponsoring seit Jahren präsent. Der Konzern war nicht nur Werbepartner bei den Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022, sondern engagierte sich auch in der US-Basketball-Liga NBA. Als Namenssponsor der indischen Premier League im Cricket wollte Vivo laut BBC für einen Fünfjahresvertrag insgesamt 300 Millionen US-Dollar zahlen. Allerdings wurde die Zusammenarbeit im August 2020 nach zwei Jahren vorzeitig beendet.