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Baywa erhält Millionenhilfe: Gläubiger geben Kredit
Der verschuldete Agrarhändler Baywa erhält kurzfristige Finanzhilfe von über 500 Millionen Euro.
Gläubigerbanken und Hauptaktionäre stellen Kredite und Gesellschafterdarlehen bereit, um die Liquidität zu sichern.
Die langfristige Lösung der finanziellen Probleme steht noch aus; ein Sanierungsgutachten wird im September erwartet.
Der Agrarhändler Baywa, der weltweit tätig ist, befindet sich derzeit in einer finanziell angespannten Situation. Trotz seiner bedeutenden Rolle für die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung in verschiedenen Ländern musste das Unternehmen nun finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen.
Finanzielle Rettungsaktion soll Baywa vor Liquiditätsengpass bewahren
Der stark verschuldete Mischkonzern Baywa erhält eine kurzfristige Finanzhilfe von über einer halben Milliarde Euro durch seine Gläubigerbanken und Hauptaktionäre. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Liquidität des Unternehmens, das insbesondere für Landwirte und die Lebensmittelversorgung im südlichen Deutschland von Bedeutung ist, sicherzustellen. Laut einer Mitteilung der Baywa setzt sich das Hilfspaket aus mehreren Komponenten zusammen, wobei der Großteil auf Kredite im Gesamtwert von knapp 400 Millionen Euro entfällt.
Die wichtigsten Gläubigerbanken stellen einen Überbrückungskredit in Höhe von 272 Millionen Euro bereit, der zunächst bis Ende September läuft und bei Bedarf bis Ende Dezember verlängert werden kann. Zu den Hauptaktionären der Baywa zählen die Beteiligungsgesellschaften der Genossenschaften in Bayern und Österreich, nämlich die Bayerische Raiffeisen Beteiligung (BRB) und die Raiffeisen Agrar Invest (RAIG), die zusammen Gesellschafterdarlehen in Höhe von 125 Millionen Euro beisteuern. Zudem verkauft Baywa ihren 45-Prozent-Anteil an der BRB für 120 Millionen Euro an die DZ-Bank und die BRB selbst. Hinzu kommen Erlöse von 30 Millionen Euro aus dem Verkauf von Getreide und eines kleineren Firmenanteils nach Österreich.
Finanzschulden über fünf Milliarden Euro
Die Baywa, die aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangen ist und weltweit rund 24.000 Mitarbeiter beschäftigt, hat derzeit kurzfristige und langfristige Finanzverbindlichkeiten in Höhe von etwa 5,6 Milliarden Euro.
Der unmittelbare Auslöser der aktuellen Krise ist die Kombination aus gestiegenen Zinsen und einer schwachen Weltwirtschaft. Durch den raschen Anstieg der Kreditzinsen hat sich die Zinslast der Baywa zwischen 2021 und 2023 auf 362 Millionen Euro verdreifacht. Auch das Jahr 2024 begann teuer: Allein im ersten Quartal zahlte Baywa 97 Millionen Euro an Kreditzinsen.
Langfristige Sanierung notwendig
Obwohl Baywa kurzfristig aus der finanziellen Klemme geholfen wurde, bleibt eine langfristige Lösung noch aus. Mitte September soll die von der Unternehmensberatung Roland Berger erstellte Sanierungsgutachten vorgelegt werden.
Angesichts der hohen Verschuldung ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die Berater eine Fortführung des bisherigen Kurses vorschlagen werden. Stattdessen wird erwartet, dass der Verkauf von Unternehmensanteilen empfohlen wird, um die finanzielle Lage zu stabilisieren.
Expansion auf Kreditbasis
Ein Großteil der Schulden des im S-Dax gelisteten Unternehmens entstand während der Amtszeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Josef Lutz, der kürzlich in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ jede Verantwortung von sich wies. Lutz, der bis zum Frühjahr 2023 an der Spitze der Baywa stand, transformierte das einst rein agrarische Handelsunternehmen in einen weltweit operierenden Mischkonzern.
Baywa ist in 50 Ländern tätig
Unter der Führung von Lutz erweiterte Baywa einerseits ihr Geschäftsfeld um erneuerbare Energien und entwickelte Baywa r.e. zu einem wichtigen Akteur bei der Planung und dem Bau von Solar- und Windparks in zahlreichen Ländern. Gleichzeitig wurde jedoch auch das Agrargeschäft erheblich ausgeweitet. Angesichts der Tatsache, dass Baywa heute in 50 Ländern aktiv ist, könnte ein Zusammenbruch des Unternehmens globale Auswirkungen auf den Agrarmarkt haben.
Bekannte Produkte, unbekannter Name
Obwohl vielen Verbrauchern der Name Baywa nicht geläufig ist, sind ihnen die Produkte des Unternehmens dennoch bekannt: In Neuseeland wurde Baywa unter der Leitung von Lutz Mehrheitseigner des Apfelproduzenten Turners & Growers (T&G), der Plantagen auf allen Kontinenten betreibt und seine Äpfel in 60 Länder exportiert. Die T&G-Apfelsorten „Envy“ und „Jazz“ sind auch in deutschen Supermärkten häufig zu finden.
dpa/aeh