Shopping
App statt Stempel: Deutschland vereinfacht Einkaufstourismus
Seilziehen um Einkaufstouristen: Kaum senkt der Bund die Wertfreigrenze, zeichnen sich in Deutschland Massnahmen ab.
Seit Oktober ist klar: Wer ab Januar 2025 im Ausland einkauft, kann nur noch Waren für 150 Franken zollfrei in die Schweiz einführen. Bis dahin gilt noch die Wertfreigrenze von 300 Franken beim Grenzübertritt.
Auf Schweizer Seite gab es ein Aufatmen. Die Hoffnung: Schweizerinnen und Schweizer kaufen wieder vermehrt im Inland ein, weil der Einkaufstourismus durch die Senkung der Wertfreigrenze an Attraktivität verliert.
In grenznahen deutschen Städten jedoch sind die Geschäfte auf die Schweizer Kundschaft angewiesen. Mit einem digitalen Ausfuhrschein soll der Einkaufstourismus attraktiv bleiben. Zudem soll die sogenannte Bagatellgrenze fallen.
Ab nächstem Sommer testet Deutschland eine App, mit welcher die deutsche Mehrwertsteuer einfacher zurückgefordert werden kann. 2026 soll die App eingeführt werden. Und so soll es gehen: Die Kundin registriert bereits im Laden die Rückerstattung der Mehrwertsteuer und verlangt diese dann nach der Ausreise zurück.
Heute muss noch ein Formular ausgefüllt werden, das zuerst der deutsche Zoll abstempeln muss, um die Ausfuhr zu bestätigen. Erst dann können Kunden die Mehrwertsteuer im Geschäft zurückverlangen. Dieses Prozedere ist sowohl für den Zoll als auch für die Kundschaft aufwändiger.
Die einen freut es, die anderen nicht
Eine HSG-Studie zeigte: Der aktuelle Rückforderungsprozess ist vielen zu mühsam. Dies bestätigt Thomas Rudolph, Marketingprofessor an der Universität St. Gallen: «Wir haben 2022 gefragt: Wie viele lassen diesen Schein abstempeln? Damals waren es 50 Prozent. Wenn das jetzt viel einfacher wird, können die Kunden einfacher sparen. Dann werden vielleicht wieder mehr Leute nach Deutschland fahren.»
Das ist nicht fair, das gibt eine Wettbewerbsverzerrung.
Dass der Prozess der Rückerstattung einfacher wird, gefällt nicht allen. Vor allem nicht in Grenzkantonen, wie zum Beispiel im Thurgau. Dort sind die Geschäfte darauf angewiesen, dass die Kundinnen und Kunden im Inland einkaufen.
Matthias Hotz, Präsident von «TGshop», der Vereinigung der Thurgauer Fachgeschäfte, sagt: «Jetzt ist die Schweiz wieder gefordert, damit wir gleich lange Spiesse haben. Die Wertfreigrenze sollte auf 50 Franken oder sogar null Franken heruntergesetzt werden, damit man nicht steuerbefreit im Ausland einkaufen kann. Das ist nicht fair. Das gibt eine Wettbewerbsverzerrung. So haben wir nicht gleich lange Spiesse.»
20 bis 30 Prozent Schweizer Kundschaft in Konstanz
Auf der anderen Seite der Landesgrenze ist die Stimmung deutlich besser. Dort freut man sich über die geplante App. Sie sei ein gutes Mittel, um Shopping attraktiver zu machen, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender des Vereins «Treffpunkt Konstanz», einem Zusammenschluss von Detailhandelsgeschäften in der deutschen Grenzstadt.
Der Anteil der Schweizer Kundschaft sei bedeutend: «Das ist zwar je nach Branche unterschiedlich. Im Schnitt dürften es aber 20 bis 30 Prozent sein, die auf das Schweizer Publikum entfallen.» Am meisten gekauft werden Kleider oder Drogerieartikel.