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Weg für Neuwahlen ist frei – Bundeskanzler Olaf Scholz verliert die Vertrauensfrage

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Weg für Neuwahlen ist frei – Bundeskanzler Olaf Scholz verliert die Vertrauensfrage

Der Bundestag hat Kanzler Olaf Scholz das Vertrauen entzogen und damit den Weg zu einer Neuwahl in Deutschland am 23. Februar bereitet.

16.12.2024, 16:5916.12.2024, 20:19

Das Resultat der Vertrauensfrage

Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn, und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von 367 Stimmen deutlich.

Olaf Scholz bei der Stimmabgabe.Bild: keystone

Nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue in Berlin die Auflösung des nationalen Parlaments vorgeschlagen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Steinmeier hat nun 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl des Parlaments innerhalb von 60 Tagen ansetzt.

Da alle im Bundestag vertretenen Parteien dafür sind, gilt auch die Zustimmung Steinmeiers als sicher. Er hat auch schon signalisiert, dass er den von Regierung und oppositionellen Christdemokraten angestrebten Wahltermin 23. Februar für realistisch hält.

Scholz an Lindner: «Wochenlange Sabotage»

Die Debatte vor der Abstimmung war schon rundum vom Wahlkampf bestimmt. Scholz nutzte seine Rede für eine harte Attacke gegen die FDP. Die «wochenlange Sabotage» der Liberalen unter Parteichef Christian Lindner habe nicht nur der «Ampel»-Regierung, sondern auch der Demokratie insgesamt geschadet, sagte er. «In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife.»

Scholz’ «Ampel»-Koalition war am 6. November im Streit um die Schuldenbremse zerbrochen. Scholz hatte damals Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner entlassen, der sich gegen eine Aussetzung der Schuldenbremse gewehrt hatte.

epa11780622 German Chancellor Olaf Scholz delivers a speech at the meeting of the German Bundestag on the vote of confidence in the Chancellor, in Berlin, Germany, 16 December 2024. Scholz has submitt ...

Olaf Scholz bei seiner Rede am Montag.Bild: keystone

Mit der Vertrauensfrage selbst beschäftigte Scholz sich in seiner knapp 30-minütigen Rede nur kurz. Es gehe darum, dass die Bürgerinnen und Bürger den politischen Kurs Deutschlands neu vorgeben könnten. «Die Vertrauensfrage richte ich deshalb heute an die Wählerinnen und Wähler.» Den grössten Teil seiner knapp halbstündigen Rede nutzte Scholz dann auch dafür zu erläutern, mit welchem Programm er die Wähler überzeugen will, für die SPD zu stimmen.

Merz an Scholz: «Sie blamieren Deutschland»

CDU/CSU-Fraktionschef und – Kanzlerkandidat Friedrich Merz nannte die Attacke auf Lindner in seiner Erwiderung eine «blanke Unverschämtheit». Im Gegenzug warf der Oppositionsführer Scholz vor, das Land in einer der grössten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte zu hinterlassen und auf EU-Ebene versagt zu haben. «Sie blamieren Deutschland», sagte er. Es sei «zum Fremdschämen», wie der Kanzler sich in der Europäischen Union bewege.

Opposition leader Friedrich Merz of CDU speaks during a plenary session at the German parliament Bundestag where he faces a vote of confidence, Berlin, Germany, Monday, Dec. 16, 2024. (AP Photo/Markus ...

Union-Kanzlerkandidat Merz.Bild: keystone

Lindner an Scholz: Will keinen «Prinz Karneval» als Kanzler

Auch Lindner konterte mit einem Gegenangriff auf die Wirtschaftspolitik des Kanzlers, die am tiefgreifenden Problem mangelnder Wettbewerbsfähigkeit vorbeigehe. Als Beispiel nannte Lindner die gerade erst von Scholz vorgeschlagene Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. «Der Prinz Karneval, der kann am Rosenmontag Kamelle verteilen, um populär zu werden. Aber die Bundesrepublik Deutschland darf so nicht regiert werden.»

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Christian Lindner von der FDP.Bild: keystone

Einziger Neuwahl-Hebel des Kanzlers

Scholz wurde von seiner Frau Britta Ernst in den Bundestag begleitet. Die Vertrauensfrage ist für ihn die einzige Möglichkeit, selbst eine vorgezogene Bundestagswahl herbeizuführen. Er hatte diesen Schritt bereits am 6. November unmittelbar nach dem Rausschmiss von FDP-Finanzminister Lindner und dem Aus seiner Ampel-Koalition angekündigt, wollte sie aber eigentlich erst im Januar stellen, was auf Neuwahlen einen Monat später hinausgelaufen wäre.

Seitdem führt Scholz eine von SPD und Grünen getragene Regierung, die im Bundestag keine Mehrheit mehr hat. Ohne Unterstützung aus der Opposition kann sie nichts mehr durchsetzen.

Drei AfD-Abgeordnete wollten für Scholz stimmen

Wie viele der 207 Ja-Stimmen aus der SPD kamen, wird sich erst zeigen, wenn das Stimmverhalten der einzelnen Abgeordneten am späteren Nachmittag veröffentlicht wird. Es ist zwar genau die Zahl der SPD-Abgeordneten. Es waren aber Stimmen aus der AfD für Scholz erwartet worden.

Die Grünen-Fraktionsspitze hatte ihren 117 Parlamentariern dagegen eine Enthaltung empfohlen. Damit wollte sie ausschliessen, dass Scholz etwa durch Stimmen der AfD unbeabsichtigt doch noch eine Mehrheit bekommt.

Leader of right wing AfD Alice Weidel speaks during a plenary session at the German parliament Bundestag where he faces a vote of confidence, Berlin, Germany, Monday, Dec. 16, 2024. (AP Photo/Markus S ...

Alice Weidel, Kanzlerkandidatin der AfD.Bild: keystone

AfD-Chefin Alice Weidel sagte vor der Abstimmung, dass drei Abgeordnete ihrer Fraktion für Scholz stimmen wollten. Diese sorgten sich «um einen Kriegskanzler Friedrich Merz», der damit zündele, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern, sagte Weidel. Namen nannte sie nicht. Nach dpa-Informationen handelt es sich um die Abgeordneten Jürgen Pohl, Christina Baum und Edgar Naujok. Ein oder zwei Abgeordnete könnten sich den Informationen zufolge ausserdem enthalten.

Steinmeier: «Wir wollen jetzt nicht huddeln»

Bundespräsident Steinmeier will in den nächsten Tagen zunächst Gespräche mit allen Fraktionen und Gruppen im Bundestag führen, in dem insgesamt acht Parteien vertreten sind.

Es ist die Aufgabe des Bundespräsidenten zu prüfen, ob es andere Möglichkeiten gibt, eine stabile Regierung zu bilden. Das sei «gute Staatspraxis in Deutschland», sagte Steinmeier in einem am Wochenende veröffentlichten ARD-Interview. «Wir sollten jetzt nicht huddeln. Die Hektik der Tagespolitik und die Schlagzahl der Medien gibt jetzt nicht das weitere Verfahren vor, sondern die Verfassung und ihre Regeln.» (sda/dpa)

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