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Deutsche Autobranche verliert 400.000 Jobs, warnt Top-Ökonom

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Deutsche Autobranche verliert 400.000 Jobs, warnt Top-Ökonom

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In der deutschen Autoindustrie gehen mindestens 400.000 Arbeitsplätze und bis zu 40 Prozent der Wertschöpfung verloren, warnt Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann.

Die Krise reiche jedoch noch viel tiefer. In seiner Analyse weist Hartmann nach, wie wichtig die Autoindustrie für Deutschland wirklich ist – und was damit jetzt auf dem Spiel steht.

Um den Wohlstand zu halten, brauche Deutschland einen neuen Wachstumsmotor. Den könne aber nicht die Politik festlegen. Sie solle vielmehr für bessere Bedingungen für die Industrie sorgen.

Die Krise der Autoindustrie gefährdet den Wohlstand in Deutschland noch viel stärker, als es bisher wahrgenommen wird. Sie erschüttert vielmehr die Grundfesten unserer Wirtschaft. So lässt sich eine alarmierende Analyse des Ökonomen Daniel Hartmann zusammenfassen. Er ist der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Bantleon. Deutschlands Autobranche verliere mindestens 400.000 Arbeitsplätze und bis zu 40 Prozent ihrer Wertschöpfung. Doch sei nur der Anfang: Deutschland büße damit einen Großteil seiner gesamten Kraft für Wachstum und Innovation ein.

„Die Zahl der Arbeitsplätze in der Autoindustrie dürfte etwa proportional mit der Produktion zurückgehen“, sagte Hartmann im Gespräch mit Business Insider. „Die Entwicklung würde allein in der Autoindustrie über 200.000 Arbeitsplätze kosten. Dazu kämen mindestens noch einmal 200.000 in anderen Industriebranchen, die mit der Autoherstellung verbunden sind.“

Die unterschätzte Bedeutung der Autoindustrie

Detailliert weist Hartmann nach, wie groß die Bedeutung der Autoindustrie für die deutsche Wirtschaft wirklich ist; wie stark sie gerade in den vergangenen 20 Jahren unseren Wohlstand geprägt hat. „In den 2000er und weiten Teilen der 2010er Jahren war die Autoindustrie die Wachstumslokomotive“, schreibt Hartmann. Ihre Wertschöpfung sei im Durchschnitt um sechs Prozent pro Jahr gewachsen. 2000 gab es in Deutschland noch vier ähnlich große Industriebranchen: Auto, Maschinenbau, Metallgewerbe sowie Chemie- und Pharma hatten je 12 bis 14 Prozent Anteil an der industriellen Wertschöpfung. Dann hängte der Fahrzeugbau alle ab. „Inzwischen entfällt knapp ein Viertel der industriellen Wertschöpfung auf den Fahrzeugbau.“ Die folgende Grafik zeigt diese Entwicklung.

Weitere Zahlen zeigen die überwältigende Bedeutung: Beim Chemiekonzern BASF stehen 20 Prozent des Umsatzes im Zusammenhang mit dem Fahrzeugbau. Und „unter den zehn Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen in Deutschland finden sich seit Jahren ausschließlich Autokonzerne“.

„Alles in allem gehen wir davon aus, dass mindestens ein Drittel des Wachstums in Deutschland zwischen 2005 und 2018 vom Fahrzeugbau angeschoben wurde“, schreibt Hartmann. Sogar 40 Prozent aller Investitionen der Industrie gingen vom Fahrzeugbau aus. Noch. Denn der Grund für das enorme Wachstum zu Beginn des Jahrhunderts hat sich ins Gegenteil verkehrt: China.

China und der Aufstieg und Fall der deutschen Autoindustrie

„Zu verdanken ist der Höhenflug der deutschen Autoindustrie dem Aufstieg Chinas zum global wichtigsten Automarkt“, schreibt Hartmann. Deutsche Autohersteller eroberten in China einen Marktanteil von 26 Prozent. Der Anteil Chinas ihrem Absatz stieg von null auf 30 bis 40 Prozent.

Längst werde der Löwenanteil der deutschen Autos für China in China selbst oder anderen Werken im Ausland gebaut. Heute kommen mit 200.000 Autos noch rund fünf Prozent der in China abgesetzten Autos der Marken auch aus deutscher Produktion.

Bereits seit 2009 steigerten deutsche Autobauer ihre Produktion nur noch im Ausland. Die Produktion in Deutschland blieb stabil bei 5,6 bis 5,7 Millionen Autos pro Jahr. „Doch seit 2018 gehen die inländischen Produktionszahlen deutlich zurück und dürften auch 2024 nur rund 4,2 Mio. Einheiten erreichen.“ Ein Minus von 25 Prozent.

Hartmanns: „Bereits vor dem endgültigen Umbruch in das E-Auto-Zeitalter hat eine schleichende Abwanderung der Produktion aus Deutschland stattgefunden. Dies ist ein Grund für das schwache deutsche BIP-Wachstum in den vergangenen Jahren.“ Und dann kam auch noch das E-Auto.

China und die Zeitenwende zum E-Auto

„Das Elektroauto hat in China endgültig die Oberhand gewonnen“, schreibt Hartmann. Seit dem Sommer werden dort mehr batteriebetriebene Fahrzeuge als Verbrenner zugelassen. Bei E-Autos haben deutsche Hersteller in China aber nur fünf Prozent Marktanteil. Dauerhaft wäre schon ein Marktanteil von 10 Prozent ein Erfolg. Selbst dieses optimistische Szenario käme aber einem starken Bedeutungsverlust deutscher Marken in China gleich.

„Noch schlimmer dürfte es für den deutschen Produktionsstandort kommen“, warnt Hartmann. Für den chinesischen Markt dürfte perspektivisch so gut wie kein Pkw mehr in Deutschland produziert werden“.

Chinas E-Autohersteller werden deutsche Autobauer zudem im europäischen Heimatmarkt angreifen. Bereits jetzt exportiert China doppelt so viel Fahrzeuge ins Ausland wie Deutschland. Das Verhältnis zwischen Deutschland und China im Autohandel werde sich komplett umkehren. „Der deutsche Exportüberschuss mit China wird sich bald in einen Importüberschuss verwandeln.

30 bis 40 Prozent der Autoindustrie sind in Gefahr

Aus den Effekten lasse sich „ein Einbruch in der Wertschöpfung des deutschen Fahrzeugbaus den nächsten Jahren zwischen 30 und 40 Prozent ableiten“, errechnet Hartmann. Auch die deutsche Zulieferindustrie werde 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung verlieren.

Die Wertschöpfung werde pro Jahr um mindestens zwei bis drei Prozent schrumpfen. Allein das drücke das deutsche Produktionspotential um 0,75 Prozentpunkte nach unten. „Der Autosektor wird vom Wachstumstreiber zum Bremsklotz“. Hinzu kommen negative Effekte wie der demografische Wandel. „In der Summe bleibt ein Potenzialwachstum, das kaum noch über die Nulllinie schaut“, so Hartmann.

„Das Wachstum und die Innovationskraft im Fahrzeugbau haben in den vergangenen 15 bis 20 Jahren viele Probleme in der deutschen Industrie überdeckt“, sagte Hartmann. „In anderen Industriebranchen wurde zu wenig investiert. Hier sind die realen Investitionen über die vergangenen 30 Jahre praktisch stagniert. Eine Ausnahme war vielleicht noch der Maschinenbau.“ Jetzt brauche Deutschland einen neuen Wachstumsmotor. Er sollte in der Industrie liegen, denn in Forschung und Personal stecke viel Substanz. Doch neben den Autobauer steckte auch die energieintensive Industrie in der Krise.

„Wenn man es laufen lässt, wird Deutschland den Weg einer Deindustrialisierung gehen wie viele unserer Nachbarländer. In Deutschland hat die Industrie noch einen Anteil von 25 Prozent an der Wertschöpfung. In vielen anderen Ländern sind es nur noch 15 bis 20 Prozent“, so Hartmann. „Wenn wir in Deutschland weiter Industrie wollen, müssen wir den Schalter umlegen“. Deutschland brauche dann vor allem deutlich niedrigere Energiepreise, niedrigere Unternehmenssteuern und den Abbau von Bürokratie. Dem müsse dann aber auch vieles untergeordnet werden.

„Nur auf erneuerbare Energie in der Wirtschaftspolitik zu setzen, reicht nicht aus“, meint Hartmann. „Wärmepumpen und Solaranlagen werden dadurch nicht in Deutschland produziert. Norwegen hat in Europa den höchsten E-Auto-Anteil, aber kein einziges E-Auto wird in Norwegen produziert.“

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