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So lähmt die „German Angst” unsere Wirtschaft – laut Experten
- Die deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 voraussichtlich das zweite Jahr in Folge, während die US-Wirtschaft wächst. Ein Grund dafür ist das unterschiedliche Verhalten der Verbraucher.
- Die Deutschen halten sich beim Konsum zurück und sparen mehr, trotz stabiler Arbeitsmärkte und auch real steigender Einkommen.
- Die „German Angst“ lähmt die deutsche Wirtschaft, sagt die DZ-Bank und zeigt den Unterschied zu den USA mit vielen Grafiken.,
Die Konjunktur in Deutschland und den USA läuft auseinander. Während die deutsche Wirtschaft 2024 das zweite Jahr in Folge schrumpft, überrascht die US-Wirtschaft mit stabilem Wachstum. Woran liegt das? „Ein wesentliches Puzzleteil ist offensichtlich das Ausgabenverhalten der Verbraucher“, urteilen die Ökonomen der DZ Bank. Während die US-Bürger selbst in Zeiten steigender Preise und hoher Zinsen weiter viel Geld ausgeben, sparen die Deutschen lieber für schlechte Zeiten. Und das ,obwohl die Einkommen vieler Haushalte kräftig steigen.
Zwar ist der Umsatz in Einzelhandel zuletzt auf den höchsten Stand seit zwei Jahren gestiegen. Das heißt aber auch, dass in Deutschland immer noch weniger gekauft wird als 2022.
„Dabei unterscheidet sich das Umfeld für die Verbraucher in den USA und Deutschland auf den ersten Blick gar nicht so sehr“, so die Bank-Ökonomen: „Die Arbeitslosigkeit ist in beiden Ländern niedrig, die Inflation ist auf dem Rückzug, die Zinsen werden schrittweise gesenkt“. Der Unterschied sei, dass die Verunsicherung in Deutschland dennoch tiefer sitze. Immerhin: „Mittelfristig sprechen steigende Realeinkommen aber dafür, dass sich die Sorgen etwas legen.“
Steigende Einkommen, stagnierender Konsum
Dazu tragen die vielen negativen Nachrichten aus der deutschen Wirtschaft bei. „Wettbewerbsnachteile wie die hohen Energiepreise und die ausufernde Bürokratie machen vor allem der Industrie zu schaffen“, schreiben die Bank-Ökonomen. Umso wichtiger sei für die Konjunktur der private Konsum. Doch auch der schwächelt seit dem Ende der Corona-Pandemie. Die privaten Haushalte halten sich also beim Shoppen zurück und erhöhen stattdessen ihre Sparquote.
Der starke Konsum in den USA werde häufig mit dem guten Arbeitsmarkt erklärt. Mit einer Arbeitslosenquote von um die vier Prozent herrscht in den USA nahezu Vollbeschäftigung. Doch auch in Deutschland sei der Arbeitsmarkt alles in allem stabil. Die Zahl der Erwerbstätigen ist auf einem Allzeit-Hoch. Die nach internationalen Standards der International Labour Organization (ILO) berechnete Arbeitslosenquote sei in Deutschland sogar niedriger als in den USA. „Allerdings gehen in der Industrie Arbeitsplätze verloren und neue werden nur noch im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen aufgebaut“, schränkt die DZ Bank ein.
Auch die Inflation gehe in beiden Ländern zurück. In den USA ist die Inflationsrate zwar etwas früher gesunken, inzwischen ist sie in Deutschland aber niedriger und liegt sogar unter zwei Prozent. Sowohl die EZB als auch die US-Notenbank Feld senken die Zinsen.
„Stabile Arbeitsmärkte, höhere verfügbare Einkommen bei nachlassender Inflation und die Perspektive auf weiter fallende Zinsen: Das sind eigentlich Umstände, unter denen die Anschaffungsneigung der Verbraucher steigen sollte“, wundern sich die Ökonomen. Das sei in den USA auch spürbar, in Deutschland aber kaum.
„German Angst“ bremst Konsum und Wachstum
Die Bedingungen seien für die Verbraucher in beiden Ländern ähnlich. „Warum ist das Konsumverhalten dennoch so unterschiedlich?“, fragen die Ökonomen. Offensichtlich würden die Sorgen in Deutschland tiefer sitzen. Dies mache den Unterschied im Ausgabeverhalten aus. „Die „German Angst“ lähmt die deutsche Wirtschaft“, urteilt die DZ Bank. „Während die US-Verbraucher trotz aller Klagen nicht vom Konsum zurückschrecken“.
Dafür gebe es auch nachvollziehbare Gründe: Der Ukraine-Krieg sei für amerikanische Verbraucher weiter entfernt. Sorgen um die Energieversorgung waren und sind in den USA nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Verbrauchern werde nun klar, dass die Preise bei nachlassender Inflation nicht sinken, sondern auf hohem Niveau weiter steigen, wenn auch nicht mehr so schnell. „Die gefühlte Inflation scheint zudem weiterhin hoch zu sein“.
Auch die Sorgen vor Arbeitsplatzverlusten seien in Deutschland ausgeprägter. Es werde mehr über Stellenabbau und Insolvenzen berichtet und diskutiert als über neue Investitionen und Gründungen.
Dennoch: Bedingungen sprechen für mehr Konsum
Nur wenn die tiefe Verunsicherung der Verbraucher allmählich weicht, werde sich der Konsum beleben. „Die Rahmenbedingungen dafür sind aber gar nicht so schlecht“, schreiben die Bank-Ökonomen. Wegen des demografisch bedingten Fachkräftemangels werde die Arbeitslosenzahl kaum stark steigen. Selbst wenn in der Industrie Jobs wegfallen, würden in den Dienstleistungen immer noch Stellen aufgebaut. Die Löhne dürften weiter zulegen. Bei niedrigerer Inflation steige auch die Kaufkraft der Einkommen. Die Verbraucher dürften sich an das neue Preisniveau gewöhnen.
Die steigenden Einkommen „schaffen dann Raum für zusätzliche Konsumausgaben, die die Konjunktur in Deutschland stützen dürften“, hoffen die Ökonomen der Bank.