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Die nächste Ansage der Kanuten: Was sich im deutschen Sport ändern muss

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Die nächste Ansage der Kanuten: Was sich im deutschen Sport ändern muss

Die heftigen Wellen nach der Attacke gegen Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich in Paris noch nicht beruhigt, da legt der Sportdirektor der deutschen Kanuten nach. „Die deutsche Olympia-Mannschaft war überaltertet, das Nachwuchsleistungssport-System funktioniert nicht mehr richtig“ sagt Jens Kahl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Bei den Sommerspielen ging die Gesamtzahl der deutschen Medaillen erneut nach unten – auch wenn es im Vergleich zu den Sommerspielen 2021 in Tokio mehr Gold gab. In Sachen Edelmetall erfolgreichster deutscher Verband waren erneut die Kanuten mit sechs Medaillen.

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Deshalb haben die Worte der Paddler besonderes Gewicht, schließlich stehen sie im deutschen Olympia-Medaillenspiegel konstant ganz oben. In Paris waren die Kajak-Spezialisten Jacob Schopf und Max Lemke neben der Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl die erfolgreichsten deutschen Sportler mit zweimal Gold. Die Olympiasieger-Prämie von 20.000 Euro bekommen sie jedoch nur einmal, weil nur die „höchste“ Medaille zählt. „Doppelte Leistung zählt in Deutschland nicht“, hatte der viermalige Olympiasieger Max Rendschmidt, deutscher Fahnenträger bei der Olympia-Abschlussfeier, kritisiert.

Sportdirektor Kahl pflichtet ihm bei: „Die Prämien werden von der Stiftung Deutsche Sporthilfe bezahlt und dort sind die Mittel begrenzt. Ob das der richtige Weg ist oder ob Mittel aus dem Bundeshaushalt dazukommen sollten, um Leistung adäquat zu bezahlen, ist die Frage. Fest steht, dass es in anderen Ländern für Olympia-Erfolge wesentlich mehr gibt.“ Immerhin soll es laut Kahl diesmal endlich eine Olympia-Goldprämie von vermutlich ebenfalls 20.000 Euro für Olympiasieger-Trainer geben. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall – überhaupt haben die aus Bundesmitteln bezahlten Coaches seit 2008 keine Gehaltserhöhung oder Inflationsanpassung bekommen.

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Die Folge: Viele deutsche Trainer wandern ins Ausland ab. Für Kahl ist das Thema Trainer ohnehin ein zentraler Grund für den schleichenden Niedergang des deutschen Sports: „Wir haben immer weniger gute Trainer. Es gibt keine strukturierte Trainer-Ausbildung mehr, vor allem werden sie nicht mehr vernünftig auf ihre Spezialdisziplin vorbereitet.“ Deshalb werde die Decke an hoffnungsvollen Nachwuchssportlern immer geringer, wozu auch allgemeine Probleme in der deutschen Gesellschaft kämen: „Die Kinder wachsen immer behüteter auf, lernen nicht mehr mit Niederlagen umzugehen. Der Leistungsgedanke geht immer mehr verloren.“

Kanu-Sportdirektor fordert Professionalisierung des Systems

Dass man sich mit einem Sportgesetz und einer Sportagentur in Sachen Leistungssport künftig professioneller aufstellen will, begrüßt der Sportdirektor der deutschen Kanuten deshalb ausdrücklich. „Aber wenn ich die Sportagentur will, müssen dort echte Experten ran und diese Experten muss ich jetzt schon anfragen“, so Kahl. Überhaupt sollten sich in der Führung des Leistungssports Ehrenamtliche oder Landesverbände raushalten, die in vielen weniger erfolgreichen Sportarten in Deutschland noch mitreden. Endlose Diskussionen in Ausschüssen, wie in der deutschen Politik vielerorts üblich, können im schnelllebigen Leistungssport rasant zum Absturz aus der Weltelite führen. „Demokratie und Leistungssport passen nicht zusammen. Da müssen Profis ran“, so Kahl knallhart.

So ist es im Deutschen Kanu-Verband (DKV), wo Kahl seit 20 Jahren das Sagen in Sachen Leistungssport hat. Der Sportdirektor setzt auf Zentralisierung der besten Athleten, wissenschaftliche Begleitung durchs Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT), Hightech-Boote vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) und gnadenlose Orientierung an der Weltspitze „Wir haben gottseidank viele legale Erfolgsfaktoren des DDR-Sports bewusst übernommen – und wir fahren sehr gut damit“, sagt Jens Kahl dem RND. Natürlich ist das Thema Doping, auf das die außergewöhnlichen Erfolge des DDR-Sports zuweilen zu Unrecht zurückgeführt werden, dabei ausdrücklich ausgeklammert.

35 Jahre nach dem Mauerfall ist es laut Kahl Zeit, die Ost-West-Diskussion endlich zu beenden. Es müsse nur noch darum gehen, was dem deutschen Sport Erfolge bringe. Bei den Kanuten ist das längst der Fall – das hat die gemeinsame Ansage von Max Rendschmidt („Wichtig ist nicht, dass Politiker nur für‘s nächste Wahlergebnis hier sind“) und Tom Liebscher-Lucz („Er soll lieber Entscheidungen für den Sport treffen“) an Bundeskanzler Scholz während seines Olympia-Besuchs gezeigt. „Das sind ein Ossi und ein Wessi“, so Kahl: „Und sie kommen zur gleichen Einschätzung – das sagt doch alles.“

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