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Glasfaserausbau: Immer mehr Open-Access-Partnerschaften
Im Glasfasermarkt steht ein Wandel bevor: Bislang legten die ausbauenden Telekommunikationsunternehmen den Fokus darauf, die Glasfaser unter Straßen und Gehwege zu verlegen (Homes passed). Nun müssen sie ihre Investitionen wieder hereinspielen und dafür benötigen sie Kunden (Homes activated). Neben solchen Privat- und Geschäftskunden intensivieren die Netzbetreiber auch ihre Kooperationen. So verkündet GlasfaserPlus, das Joint Venture zwischen der Deutschen Telekom und IFM Investors, eine Vereinbarung mit Nexiu. Der Dienstleister ist in Hessen im Hochtaunus-, Wetterau-, Lahn-Dill- und Main-Kinzig-Kreis aktiv und wird in Zukunft seine Produkte in den Bereichen Internet und Telefonie auch über die Netze der GlasfaserPlus in diesen Landkreisen verbreiten. “Diese Partnerschaft macht sichtbar, dass unser Netz wirklich offen für alle ist”, sagt GlasfaserPlus-CEO Ralf Gresselmeyer.
Freuen sich über die Einigung für den Glasfaserausbau in Nierstein (v.r.n.l.): Sebastian Frings und Harald Weber (GlasfaserPlus), Bürgermeister Jochen Schmitt, Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer sowie Thorsten Volz und Oliver Lellek von EWR
Foto: Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung
Zuletzt verkündeten auch Westconnect und Greenfiber im Rahmen des Glasfaserausbaus im westfälischen Bad Oeynhausen auf eine Zusammenarbeit im Sinne des Open Access zu setzen. Insbesondere seitdem 1&1 seine Internetprodukte über die Glasfasernetze Dritter anbietet, ist das Open-Access-Modell ins Rollen gekommen. Jüngst vereinbarte das TK-Unternehmen aus Montabaur eine Vereinbarung mit Glasfaser Nordwest, dem zweiten Joint Venture der Telekom, dieses Mal mit dem Energieversorger EWE. Der Open-Access-Deal gewährt 1&1 Zugang zu bereits einer Million angeschlossener und zukünftiger Haushalte, die Glasfaser Nordwest noch anschließen wird.
Open Access gegen Überbau
Open Access sorgt nicht nur für Wettbewerb auf den Glasfasernetzen und damit für sinkende Endkundenpreise. Das Modell gilt auch als wirksame Maßnahme, um den gefürchteten Überbau von Glasfasernetzen zu verhindern. Nicht immer gelingt zwischen konkurrierenden TK-Unternehmen eine Einigung wie im westlich von Darmstadt gelegenen Nierstein. Hier bauen sowohl der Energieversorger EWR als auch die GlasfaserPlus FTTH-Netze. Die Stadt initiierte daraufhin Gespräche mit beiden Unternehmen, bei denen der rheinland-pfälzische Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer vermittelte.
Mit Erfolg: “Wir haben vereinbart, dass wir die Nutzung vorhandener, für den Glasfaserausbau geeigneter Infrastruktur der EWR prüfen und beabsichtigen diese, soweit technisch und wirtschaftlich möglich, in den eigenen Ausbau zu integrieren – so wird die städtische Infrastruktur geschont und es werden keine unnötigen Ressourcen verschwendet”, erläutert Harald Weber, Relationship Manager der GlasfaserPlus.
Kooperationen mit Unternehmen und Wohnungswirtschaft
Dass sich die Glasfaser bauenden TK-Unternehmen von den Homes passed ab- und den Homes activated zuwenden, belegen auch die jüngsten Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft, um die Glasfaser bis in die Wohnungen von Mehrfamilienhäusern zu führen. So vereinbarte die Glasfaser Nordwest mit der Bremer Orion Hausverwaltung GmbH den Anschluss von über 1000 Wohn- und Geschäftseinheiten. Die Ausbaukosten trägt Glasfaser Nordwest.
Auch das TK-Unternehmen Filiago ist mit einem Partner, dem schwedischen Glasfaserexperten Open Infra, unter der Marke Premium Netz im Glasfaserausbau aktiv. In vier Ortschaften der Samtgemeinde Hollenstedt südlich von Hamburg begann Mitte März 2024 die letzte Bauphase für den Anschluss der Haushalte. “Wir werden in den kommenden Monaten circa 50 Kilometer Tiefbau vollziehen und gehen davon aus, dass bis Mai 2024 alle Glasfaserleitungen verlegt sind”, sagt Simon Mentschke, Projektleiter bei Open Infra.
Feierlicher Akt zum Baustart einer Glasfaseranbindung in der Samtgemeinde Hollenstedt (v.r.n.l.): Simon Mentschke (Projektleiter Open Infra), Manfred Cohrs (Bürgermeister Wenzendorf) und Utz Wilke (Geschäftsführer Premium Netz)
Foto: Premium Netz
Neben Glasfaser Nordwest und GlasfaserPlus drückt nun auch OXG, das Joint Venture von Vodafone und dem Investor Altice, aufs Tempo. Das Unternehmen kündigte im März den Bau von FTTH-Anschlüssen für insgesamt über 160.000 Haushalte an. Größtes Ausbauprojekt ist Hamburg mit knapp 52.000 Haushalten.
In Kassel will OXG 47.000 Haushalte sowie in Meiningen 9500 und in Torgau 8500 Haushalte mit Glasfaser versorgen. Während in Kassel der Bau bereits begonnen hat, befindet sich OXG in Hamburg noch in der Planung. In Meiningen und Torgau sollen die Bagger in der zweiten Jahreshälfte anrollen.
Open Access ist ein Modell, das alle Marktteilnehmer begrüßen. Der Teufel steckt jedoch im Detail.